Mastercard, Apple Pay, Paypal, Gutscheine, Bargeld und bald auch der digitale Euro: Die Vielfalt der Bezahlsysteme hat einen hohen Preis: Handel und Tourismus verlieren kontinuierlich bis zu 2% ihres Umsatzes. Wie die Lücken im Zahlungssystem geschlossen werden können, welche Chancen der digitale Euro bietet und warum Europa wieder die Kontrolle über seine Zahlungssysteme erringen muss, diskutierten im Salzburger Mozarteum bei der Top Speakers Lounge der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein Roger Niederer (abrantix), Erich Falkensteiner (Falkensteiner, Hotels & Residences), Wolfgang Haunold (Oesterreichische Nationalbank) und Claudia Wuppinger (Axess AG).
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Salzburg, am 21. September 2023. Für Unternehmen wird es immer komplizierter, einen klaren Überblick über alle Zahlungstransaktionen zu behalten. Das verursacht Kosten. Experten schätzen, dass bis zu 2% des Umsatzes durch fehlerhafte Buchungsprozesse verloren gehen. Dazu kommt, dass Europa in der Vergangenheit die Kontrolle über seine Zahlungssysteme überwiegend an US-Firmen abgegeben hat. Über Wege aus diesem Payment-Dilemma diskutierten bei der Top Speakers Lounge der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein im Mozarteum Salzburg die beiden Keynote Speaker Erich Falkensteiner (CEO Falkensteiner, Hotels & Residences) und Wolfgang Haunold (Oesterreichische Nationalbank) mit Roger Niederer (CEO abrantix) und Claudia Wuppinger (CMO Axess AG). Durch den Abend führte Reinhard Lanner (CEO Workers on the Field).
Europa braucht wieder die Kontrolle über seine Zahlungen
Im Oktober will die EU-Kommission über die Umsetzung des digitalen Euros entscheiden. Während viele die Vorteile der digitalen Währung sehen, gibt es auch Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre und der Rolle des Bargelds. Wolfgang Haunold: „Der digitale Euro ist wie eine Barzahlung und hat die gleichen Vorteile wie Bargeld. Jeder Bettler kann eine Wallet haben, wenn er will. Jeder wird damit zahlen können, egal ob er oder sie bettlägerig ist oder nicht. Dem Bürger entstehen dadurch keine Kosten und auch für die Händler sind die Kosten begrenzt. Die Kosten werden viel niedriger sein als heute. Es wäre wichtig, dass die Nutzer aufstehen und sagen, dass sie das wollen.“ Der digitale Euro fördere auch die finanzielle Inklusion, indem er digitale Zahlungen für diejenigen bereitstellt, die zurzeit keinen Zugang zu Finanzdienstleistungen haben. So sollen etwa Scheckkarten ausgeben werden, an alle die kein Smartphone verwenden wollen. Wichtig ist für den Leiter des Referats für Zahlungsverkehrsstrategie der Oesterreichische Nationalbank, dass die Daten geschützt bleiben und hier in Europa lagern. „Es geht also immer darum, wer die Daten hat. Das Euro-System will die Daten nicht sehen. Ich will nicht wissen, was ein Bürger kauft. Wir als Zentralbank wollen nicht sehen, was ein Bürger kauft“, so Haunold. Dabei hätte das System viele Vorteile für Unternehmen. So etwas wie der Klimabonus könnte innerhalb von Sekunden an Millionen von Menschen überwiesen werden. Es gibt keine Provisionen, kein Papier und so weiter. Das ist der große Vorteil. Die elektronische Identität ist eine staatliche Anwendung, die mit der Wirtschaft kommuniziert. Oder mit den Ämtern u.s.w. Mit einer digitalen Identität kann man alles von zu Hause aus am Sonntag am PC erledigen. Eine Sofortzahlung muss nicht teurer sein als eine normale Überweisung.“
Zahlungssystem als geopolitischer Machtfaktor
Die neue Bezahlwelt steht und fällt für Roger Niederer (CEO abrantix) mit dem Schutz der Daten: „Der Zahlungsverkehr kann kein Ausverkauf an amerikanische und chinesische Unternehmen sein. Die Europäer müssen über ihren Schatten springen und sagen, dass das Zahlungsgeschäft mit der zweitwichtigsten Währung der Welt, dem Euro, sollte auch in europäischen Händen liegen. Also muss man das in sein Geschäft integrieren.“ Der Grund dafür ist simpel. Getreu dem Motto, wer zahlt schafft an, können Mastercard und Co. innerhalb weniger Tage, wie man bei Russland gesehen hat, ein ganzes Land abschalten. „Ein Kreditkartenbetreiber wie Mastercard könnte jederzeit sagen, dass du in der Schweiz nicht mehr handeln darfst, sonst verlierst du deine Lizenz. Wir versuchen daher, diese Macht wieder nach Europa zurückzubringen. Wir hier sollten selbst entscheiden, wo wir unsere Zahlungssysteme einsetzen dürfen“, so Niederer.
Kann man bei Amazon bald Hotels buchen?
Für Erich Falkensteiner (CEO Falkensteiner, Hotels & Residences) ist der Datenschutz ein Problem, das sich auf technischem Wege lösen lässt. „Das Loyality-Thema kann man mit Blockchain, glaube ich, schon lösen. 99 Prozent unserer Branche beschäftigen sich nicht mit Payment. Man hat einfach keine Zeit. Einmal im Jahr den Steuerberater zu fragen, wie es aussieht, ist aber nicht mehr zeitgemäß. Man muss nach vorne schauen und nicht zurück!“ Bei diesem Thema hakt Roger Niederer ein, der mit ReconHub eine Lösung entwickelte, die Unternehmen eine Vereinfachung und Optimierung von Buchungsprozessen bietet. Und zwar unabhängig davon, wer was wo und wie bezahlt. „Die Abstimmungssoftware ist voll digital und automatisiert, kann unbegrenzt Finanztransaktionen zu jedem Buchhaltungssystem oder ERP verarbeiten und lässt sich leicht an jede zukünftige oder zusätzliche Zahlungsmethode anpassen.“
Den Fokus auf die Zukunft legt auch Claudia Wuppinger, CMO bei der Axess Ag. „Wir kommen aus dem Skibereich und haben uns im Ticketing für Themenparks, Stadien, Parkplätzen usw. spezialisiert. Deshalb ist bei uns auch der Fokus, wie man mit einer Destination vernetzt zusammenarbeitet und die Bedürfnisse optimiert. Wir haben eine Software entwickelt, wo die Destinationen Anwendungen hineinschieben können. Das ist wie bei Amazon, wo man alles in einen Warenkorb legen kann. Man kann sein Parkhaus, die Skischule, die Tankstelle auf diese Plattform schieben. Die Frage wird sein: Welche Commerceplattform gewinnt an Schluss? Was wird der neue Standard? Wird es Amazon sein, wo ich auch Hotels buchen kann?“
Der Einladung von HKSÖL-Generalsekretär Urs Weber folgten: Christoph Andexlinger (Spar European Shopping Center), Michael Auer (TEXPORT Holding GmbH), Günter Bernhard (B & P Projektentwicklungs GmbH), Thomas Bodmer (Next Floor GmbH), Michael Bratl (Hobex Payment Systems GmbH), Eurolind Emrllahi (ALBI GmbH), Marc Freuler (LGT Bank AG, Vaduz), Zsuzsa Freund (Swagelok Austria - AA Solutions GmbH), Thomas Freund (AA-Solutions GmbH), Florian Hamminger (First Class Holz GmbH), Ilse Maria Heindl (Touristik & Events Reisebüro GmbH), Branko Hrmic (ALBI GmbH), Thomas Jungreithmair (JU.connects GmbH), Arno Kinzinger (FH Salzburg), Peter Laggner (Trimetis AG), Stefan Loidl (Tourismus Salzburg GmbH), Werner Mayr (INTERSPORT AUSTRIA GmbH), Albert Quehenberger (AQ Forensics), Hannes Riedlsperger (Ritzenhof GmbH), Florian Rukover (Bank Gutmann), Sandro Schühle (Abrantix AG), Philipp Spängler (Bankhaus Spängler), Markus Stainer (Pinus.Team Managementgesellschaft mbH), Michael Steiner (Bankhaus Carl Spängler & Co. AG), Freimuth Teufel (Ars Media Konzertservice GmbH), Thomas Tittelbach (aye4fin), Thorsten Vogt (Signa).
Über die Top Speakers Lounge:
Die Plattform „Top Speakers Lounge“ ist eine Veranstaltungsreihe der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein (HKSÖL). Thematisiert werden aktuelle Entwicklungen in Wirtschaft und Politik. Zu den bisherigen Keynote Speakern zählen u.a. Roland Hunziker vom World Business Council for sustainable Development (WBCSD), Karl Pall (Digitalisierungsexperte, Gründer Google Österreich), Medienmanager Rudi Klausnitzer, Marie-Gabrielle Ineichen-Fleisch (Staatssekretärin SECO der Eidgenossenschaft), Andreas Matthä (Vorstandsvorsitzender der ÖBB-Holding AG), Dr. Johannes Schweifer (Co-Founder Bitcoin Suisse AG), Peter Spuhler (Executive Chairman und Group CEO a.i. von Stadler Rail AG).