Macht US-Präsident Donald Trump mit der Globalisierung kurzen Prozess? Wenn ja, was bedeutet der neue Protektionismus für Europa und Österreich? Bei der Top Speakers Lounge der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein (HKSÖL) in der Industriellenvereinigung am Schwarzenbergplatz diskutierten Nestlé-Verwaltungsratspräsident Peter Brabeck-Letmathe, Kapsch TrafficCom-Vorstand und IV-Präsident Georg Kapsch und Professor Detlef Günther von der ETH Zürich, wie man Europas Werte und Stärke in Zukunft bewahren kann.
Für Brabeck-Letmathe ist der neue US-Präsident nicht der Sargnagel der Globalisierung: „Trump ist nicht gegen die Globalisierung. Er ist nur gegen Freihandelsabkommen, die sein Vorgänger unterschrieben hat und wo er der Meinung ist, dass die USA benachteiligt werde. Ich habe nie gehört, dass Trump gesagt hat, er will andere Nationen schwächen. Er will die USA stark machen. Trump ist nicht das Ende der Globalisierung. Dazu ist die Welt viel zu sehr vernetzt.“ Die eigentliche Gefahr durch Populisten sieht Brabeck-Letmathe in einer schleichenden Entdemokratisierung der Gesellschaft. „In den USA begehen mehr Menschen Selbstmord, als von Terroristen getötet werden. Trotzdem begründet US-Präsident Trump jede seiner Entscheidungen mit dem Kampf gegen Terrorismus. Das bedeutet, Fakten werden von Emotionen verdrängt und der Populismus gewinnt an Macht. Der Populist verspricht, die ´gute alte Zeit´ zurückzubringen. Und die Älteren, die diese Zeit erlebt haben, glauben das. Das sieht man am Brexit. Die Jungen kämpfen dagegen. Die Älteren waren dafür. Die Welt leidet unter ihrer Komplexität. Dazu kommt eine Erosion der Glaubwürdigkeit des Leaderships. Wir als Unternehmer haben auch an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Man glaubt uns nicht, dass wir Kapital und Ressourcen gerecht verteilen können. Das führt zu einer schleichenden Entdemokratisierung. Das ist für mich die größte Gefahr der westlichen Welt.“
Auch IV-Präsident Georg Kapsch glaubt nicht, dass die Globalisierung in den letzten Zügen liegt. „Ich denke nicht, dass die Globalisierung am Ende ist, denn die Menschen haben erkannt, dass Protektionismus niemals zur Erhöhung des Wohlstandes geführt hat. Zudem ist die Welt so heterogen, wie noch nie. Es geht darum, was wir wirklich tun können. Man muss aber alles in einen großen Zusammenhang setzen. Nicht, dass einer aufsteht und ein Wettbewerbsnachteil entsteht. Der Kernpunkt ist, dass die Menschen nicht auf der Strecke bleiben dürfen. So wird die Digitalisierung viele neue Arbeitsplätze schaffen, viel mehr als dadurch verloren gehen. Nur die Berufsbilder werden sich ändern. Man darf nur den Kopf nicht in den Sand stecken.“
Prof. Detlef Günther von der ETH Zürich glaubt ebenfalls nicht an das Ende der Globalisierung. „Die Wissenschaft war schon immer global. Daher haben wir auch keine Angst davor. Wir glauben, dass die Talente zu uns finden werden, denn wir brauchen die besten Leute. Wir haben das Ziel, etwas Positives zu schaffen. Nur etwas besser zu erfinden, weil man damit mehr Geld machen kann, wird sich allerdings nicht durchsetzen. In Europa haben wir einen hohen Bildungsstand, den wir ausnützen können. Wenn es nur darum geht, jemanden aus dem Markt zu schießen, unterstützen wir das nicht“, so Günther.