Rückläufige Umsätze, steigender Kostendruck und veränderte Konsumentenansprüche. Insbesondere die Nachfrage nach nahtlosen Omni-Channel-Erlebnissen und KI-gestützten aktiven Kundenengagements prägen das Consumer-Verhalten und verdeutlichen den massiven Aufholbedarf zu umsatzstarken und rasch wachsenden, innovativen E-Commerce-Modellen aus China.
Am 19.03.2024, lud die Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein gemeinsam mit Advicum Consulting GmbH und Abrantix AG zum Top-Talk im Schwarzen Kameel. Im Rahmen des Business Lunches präsentierte Andreas Kornberger, Partner bei Advicum, unter dem Motto "Disrupt or go broke" das Konsumverhalten des modernen "phygitalen" Kunden (Mischung aus physischem und digital einkaufendem Kunden). Roger Niederer (CEO, Abrantix) beleuchtete zudem das Thema "disruption in the payment market" und ging hierbei stark auf den Geldfluss vom Bezahlterminal zum Bankkonto ein.
Omnichannel-Strategie und verkürzte Lieferketten sind Umsatzbringer
Die internationalen Real-Time-Unternehmen aus Fernost punkten mit nahtlosen Omni-Channel-Erlebnissen und verkürzten Lieferketten. Während beispielsweise der chinesische E- Commerce-Sektor boomt, liegt Österreich mit einem Online-Umsatzanteil von 8,6 % weit hinter anderen europäischen Ländern.
"Durch vollständig digitale Lieferketten und schnelle, kostengünstige Produktionen schreiben Modeunternehmen wie Shein und Temu Jahresumsätze zwischen 27 Mrd. und 29 Mrd. Dollar bei gleichzeitig sehr hoher Umsatzrentabilität. Digital-Ansätze sprechen Kunden auf allen Kanälen und Touchpoints an, integrieren und bilden Communities und bieten eine bequeme Alternative zum traditionellen Handel", erklärt der Advicum-Experte.
Konsumenten verfügen durch die Vielzahl an Optionen und Vergleichsmöglichkeiten bereits vor der Kaufentscheidung über präzise Produktvorstellungen. Angesichts der Komplexität von Online-Plattformen, digitalem Marketing und Logistik ist ein innovativer strategischer Ansatz erforderlich, der nach Andreas Kornberger drei wesentlichen Handlungsschritten folgt:
- Stabilisierung des Geschäftsprozesses: Liquidität sicherstellen, Produktivität steigern, Flächen optimieren und Sortiment anpassen – fundiertes Verständnis der KPIs ist entscheidend
- Vorbereitung zur Erneuerung: Einsatz von KI und Big Data sowie klare Definition von Buyer Personas für präzises Verständnis der Customer Journey und maximalen Kundenfokus
- Erneuerung: Schneller Startschuss für die Transformation der Unternehmenskultur angepasst an die neuen Branchenentwicklungen, Personelle Entscheidungen, wie die Ernennung eines Chief Disruption Officers oder Future Managers
E-Commerce-Riesen aus Fernost folgen diesen Strängen bereits: Schnelle Lieferzeiten mittels Lagerrobotern und automatisierten Sortierzentren, kontinuierlichem Kundenengagement und spielerische Rabatt-Aktionen etabliert Shein zum Marktführer im amerikanischen Fast-Fashion-Bereich. Gleichzeitig müssen natürlich Geschäftspraktiken dieser Anbieter wie schlechte Arbeitsbedingungen, Nachhaltigkeit und der ökologische Fußabdruck sowie der Einsatz problematischer Materialien kritisch hinterfragt werden.
Veränderte Konsumentenansprüche erfordern rasches Umdenken
Online-Shopping findet in Europa teilweise immer noch über den Laptop statt, während Millionen asiatischer Konsumenten hauptsächlich das Smartphone wählen.
"Unternehmen, die ausschließlich auf den stationären Verkauf und traditionellen Online-Auftritt setzen, laufen Gefahr, Konsumenten an aufstrebende Real-Time-Modeunternehmen aus Fernost zu verlieren. Es ist wichtig, auf veränderte Konsumgewohnheiten einzugehen. Der ‚phygitale‘ Kunde muss dort abgeholt werden, wo er sich aufhält - auf den Mobilgeräten und in sozialen Medien. Im Sinne einer Omnichannel-Strategie werden dort Anreize geschaffen, um das stationäre Einkaufserlebnis im Geschäft wieder zu attraktivieren", erklärt Kornberger.
Damit Österreichs Einzelhändler nicht den Anschluss verlieren, sollten diese die Veränderungen in ihrem Kerngeschäft nicht ignorieren. "Die Devise lautet: ‚Disrupt or go broke‘. Was erforderlich ist, ist ein Umdenken anstelle einer bloßen Optimierung. Strategische Herausforderungen dürfen nicht mit rein operativen Lösungen angegangen werden", warnt der Handels-Experte.
Kunde verlangt nach Shopatainment, Community-Building und aktivem Involvement
Der hyperinformierte Kunde von heute erwartet nicht nur sofortige Verfügbarkeit von preiswerten Waren, sondern auch „Shopatainment“ und „Gameification“. Laut Advicum-Experten ist ein ganzheitlicher Customer Approach mit einer umfassenden Datenstrategie, Community- Building, aktivem Consumer Involvement und Integration von Influencern entscheidend, um Kunden individuell anzusprechen, plattformübergreifende Einkaufserlebnisse zu schaffen und Vertrauen sowie Reichweite zu maximieren.
"Es ist wichtig, dass der heimische Handel sein Geschäftsfeld an die sich ständig verändernden Kundenbedürfnisse anpasst. In diesem Optimierungsprozess unterstützen wir gerne und entwickeln gemeinsam mit unseren Kunden maßgeschneiderte und zielgerichtete Umsetzungen, um Retail-Unternehmen zukunftsfähig zu machen und bestmöglich auf internationale Entwicklungen ausgerichtet zu positionieren", so Kornberger abschließend.
Anpassungsfähigkeit als Schlüssel zum Erfolg
Die Welt des bargeldlosen Bezahlens hat sich in den letzten 20 Jahren massiv verändert. Beflügelt durch die neuesten Technologien waren es vor allem Technologiefirmen, welche die grössten Disruptionen herbeigeführt haben. Manchmal gefangen im regulatorischen Korsett und in alten Legacy-Systemen ist es für die angestammten Spieler schwierig, sich so schnell anpassen zu können, wie es der Markt verlangt. Wenn dies nicht gelingt besteht die latente Gefahr aus dem Markt gespült zu werden.
"Egal für welche Branche, es gilt immer, dass die einzige Konstante die Veränderung ist. Jedes Unternehmen muss sich damit auseinandersetzen, wie man optimal auf die aktuellen Bedürfnisse aufgestellt ist. Habe ich den notwendigen Fokus auf Veränderungen und kann die Flexibilität an den Tag legen, welche heutzutage vom Markt gefordert wird? Gerade auch für die Payment-Branche gilt, dass das Zeitalter des digitalen Zahlungsverkehrs gerade begonnen hat." so Niederer.
Im Anschluss wurde wieder von vielen die Gelegenheit genutzt, einem Apéro riche das Thema in bilateralen Gesprächen zu vertiefen und zu netzwerken.
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