Neue Novelle zum Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz

Wesentliche Neuerungen stehen beim Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz bevor (c) pexels_pixabay/tima miroshnichenko

Beim Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (kurz LSD-BG) kommt es zu einigen, nicht unwichtigen Änderungen. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes wurden vor allem die Verwaltungsstrafbestimmungen im LSD-BG umfassend überarbeitet. Weiters wurde der Entsendebegriff des LSD-BG an jenen der Entsenderichtlinie angeglichen und einige Entbürokratisierungsmaßnahmen getroffen. Eigentlich war die Inkraftsetzung für den 01.09.2021 geplant – aufgrund eines Einspruchs im Bundesrat wird es hier aber noch zu einer zeitlichen Verzögerung kommen.

Hier nun die wesentlichsten Änderungen im Überblick:

Anpassung des Entsendebegriffs

Der Abschluss eines Dienstleistungsvertrags zwischen dem ausländischen Unternehmen, das seine Dienstnehmer entsendet und dem österreichischen Dienstleistungsempfänger war bisher für das Vorliegen einer Entsendung im Sinne des LSD-BG nicht erforderlich. Dies widerspricht jedoch der Entsende-Richtlinie der Europäischen Union. Der Entfall der unionsrechtswidrigen Gesetzesbestimmung hat nun zur Folge, dass zukünftig eine Entsendung nur bei Bestehen eines grenzüberschreitenden Dienstleistungsvertrages vorliegt, was eine grundsätzliche Einschränkung des Anwendungsbereichs des LSD-BG bedeutet.

Ausnahmebestimmungen werden erweitert

Gemäß dem (noch geltenden) LSD-BG wurden bereits Ausnahmen für bestimmte Arbeiten von geringem Umfang und kurzer Dauer in Österreich vorgesehen. Die Gesetzesänderung bringt in diesem Bereich nun aber umfassende Änderungen. Für die Praxis bedeutsam ist insbesondere die Ausnahmebestimmung, dass das LSD-BG in Zukunft auf Dienstnehmer mit einer bestimmten Mindestentlohnung (für das laufende Jahr 2021 sind es EUR 6.660 brutto pro Monat) zur Gänze nicht zur Anwendung kommen wird (und nicht mehr wie bis anhin nur bei Arbeitsleistungen von geringem Umfang und kurzer Dauer). Das hat den Vorteil, dass für diese Dienstnehmer bei einem Einsatz in Österreich zukünftig die Pflichten betreffend der Meldung und dem Bereithalten von Lohnunterlagen nicht mehr beachtet werden müssen. Der Wegfall dieser Pflichten gilt künftig auch bei Lieferung oder bei Abholen von Waren durch entsandte Dienstnehmer des Verkäufers oder Vermieters sowie für Tätigkeiten, die für die Inbetriebnahme und Nutzung von gelieferten Gütern unverzichtbar sind, mit der Einschränkung allerdings, dass diese Tätigkeiten von den entsandten Dienstnehmern des Verkäufers oder Vermieters mit geringem Zeitaufwand durchgeführt werden können. Eine weitere Ausnahme betrifft die längerfristige Entsendung oder Überlassung von Dienstnehmern zu Schulungszwecken (was dann der Fall ist, wenn keine Arbeitsleistung geschuldet wird und der Einsatz des Dienstnehmers dessen Einschulung oder Weiterbildung dient).

Stärkung der Arbeitnehmerrechte bei Entsendungen von mehr als 12 Monaten

Eine wichtige Änderung betrifft die Stärkung der Arbeitnehmerrechte bei langfristigen Entsendungen. Neu gilt, dass bei einer Tätigkeit, die mehr als  12 Monaten in Österreich dauert, die österreichischen arbeitsrechtlichen Bestimmungen (dh. durch Gesetz, Verordnung und Kollektivvertrag) zur Gänze für aus dem Ausland entsandte oder überlassene Arbeitnehmer Anwendung finden, soweit die österreichischen Bestimmungen günstiger sind als die entsprechenden Regelungen im Herkunftsstaat. Bisher war diese Günstigkeitsregelung nur auf bestimmte Arbeitnehmerrechte eingeschränkt (wie insbesondere bezüglich Mindestentlohnung, Urlaub, Arbeitszeit und sonstige Schutzvorschriften).

Grundsätzliche Überarbeitung der Verwaltungsstrafbestimmungen

Da die österreichischen Verwaltungsstrafbestimmungen gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes nicht verhältnismäßig und damit unionsrechtswidrig sind, mussten (auch) diese angepasst werden:

Hinzuweisen ist einerseits darauf, dass durch die Novelle das bisher geltende Kumulationsprinzip („Bestrafung pro Arbeitnehmer“) wegfallen wird. Das bedeutet, dass künftig unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Dienstnehmer somit nur noch ein einziges Vergehen vorliegt. Dies hat zum Zweck, dass in Zukunft unangemessen hohe Strafen verhindert werden sollen. Andererseits entfallen die Mindeststrafen und es kommt zur Einführung eines neuen Stufenmodells (5 Stufen) von Strafen bei Unterentlohnung mit einer Höchststrafe von EUR 400.000.

Erleichterungen im administrativen Bereich

Zu Änderungen kommt es auch im Bereich der Administration, mit dem Ziel, eine Reihe von Maßnahmen zu entbürokratisieren. Eine für die Arbeitgeber wesentliche Erleichterung betrifft das Bereithalten von Lohnunterlagen: Zukünftig können nämlich sämtliche Lohnunterlagen entweder in deutscher oder englischer Sprache bereitgehalten werden. Bislang war es nur möglich, den Arbeitsvertrag/Dienstzettel in englischer Sprache bereit zu halten. Zudem gelten in Zukunft bei nur kurzen Entsendungen bis zu 48 Stunden vereinfachte Bereithaltungspflichten. Bei solchen Einsätzen reicht es aus, wenn nur der Arbeitsvertrag oder der Dienstzettel sowie die Arbeitszeitaufzeichnungen bereitgehalten werden.

Auch bei der Handhabung der Formulare gibt es künftig eine Änderung: In der Praxis gab es wiederholt Unklarheiten und Fragen zur Unterscheidung zwischen einer grenzüberschreitenden Überlassung und einer Entsendung und der damit verbundenen formalen Differenzierung (die sog. ZKO-3 oder ZKO-4 Meldung). Hier soll es zukünftig eine Erleichterung in der Form geben, dass die erforderliche Meldung jedenfalls als vollständig erstattet gilt, auch wenn irrtümlich anstelle eines ZKO-3-Formulars ein ZKO-4-Formular oder auch umgekehrt verwendet wird, mit der Maßgabe allerdings, dass das Formular vollständig ausgefüllt sein muss. In Zukunft wird man also nicht mehr allein dafür mit einer Verwaltungsstrafe bestraft, wenn nicht das richtige Formular verwendet worden ist.

*Im Sinne einer besseren Lesbarkeit des Texts wurde entweder die männliche oder weibliche Form von personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung des jeweils anderen Geschlechts. Frauen und Männer mögen sich vom Inhalt dieses Blogs-Beitrags gleichermaßen angesprochen fühlen. Danke für Ihr Verständnis!

 

imgp4596.jpgAutor: Lic. iur. Michael Pérez

Michael Pérez ist Rechtsanwalt und Partner bei PRP Rechtsanwälte. Er hat seine juristische Ausbildung in der Schweiz abgeschlossen und war anschließend für einige Jahre in der Schweiz als Rechtsanwalt tätig. Seine Anwaltszulassung in Österreich erhielt er im Jahre 2006 und betreut seither von Wien aus speziell Mandanten mit bilateralen Verbindungen in die Schweiz und nach Österreich nach dem „One-Stop-Shop“-Prinzip. Der Fokus ist hier vor allem auf Rechtsfragen rund um Betriebsansiedlungen sowie grenzüberschreitende Vertriebs- und Handelstätigkeiten angelegt. 

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