Blockchain: Heilsbringer oder Gefahr?

08.05.2020
Blockchain - Heilsbringer oder Gefahr?
Blockchain - Heilsbringer oder Gefahr? (Bild: AdobeStock/c_slarhei)

Es gibt wenige Technologien, welche sowohl die Fachwelt als auch die Öffentlichkeit in den letzten Jahren so stark bewegt und polarisiert haben wie die Blockchain.

Für die einen ist die Blockchain ein Heilsbringer, für die anderen eine Ausgeburt des Bösen. Die Wahrheit liegt, wie so häufig, wahrscheinlich irgendwo in der Mitte. Die liechtensteinische Regierung hat sich in den letzten Jahren intensiv mit dieser Technologie auseinandergesetzt, um das Potenzial und die Risiken fundiert einschätzen zu können.

Bereits heute ist es nicht einfach, die vielfältigen Anwendungen auseinanderzuhalten. Blockchain kann z. B. für digitale Zahlungen verwendet werden, für die Finanzierung von Projekten und Unternehmen oder für Spekulation. Mit jeder neuen Anwendung stellen sich auch grundsätzliche Fragen aus Sicht des Staates, wie z. B. die Bekämpfung von Geldwäsche und kriminellen Aktivitäten sowie der Schutz von Investoren.

Staaten gefordert

Jeder Staat ist heute herausgefordert, Antworten auf diese Fragen zu finden. Wenn ein Staat jedoch wenig Chancen, aber viele Risiken sieht, dann wird die Regulierung entsprechend restriktiv sein.

In Liechtenstein haben wir durch Gespräche mit Blockchain-Unternehmen und -visionären festgestellt, dass das Potenzial der Blockchain viel grösser ist und weiter geht als die heute bestehenden Anwendungen. Die Blockchain bietet zum Beispiel ein grosses Potenzial für den Finanzmarkt. Durch die effiziente Digitalisierung von Wertpapieren und Vermögenswerten bieten sich sehr spannende Möglichkeiten zur Ausweitung der Geschäftstätigkeit von Banken, Vermögensverwaltern oder Fonds.

Das Potenzial der Blockchain beschränkt sich aber nicht nur auf den Finanzmarkt, sondern erschliesst sich erst vollständig aus der Perspektive der Digitalisierung der Gesamtwirtschaft. Die Blockchain ermöglicht eine neue Ebene der Rechtssicherheit, Transparenz und Effizienz in allen digitalen Handels- und Rechtsgeschäften. Diese Technologie, die für Bitcoin „erfunden“ wurde, hat deshalb das Potenzial, einer der zentralen Treiber der weiteren Digitalisierung unserer Wirtschaft zu werden. Man fasst diese Entwicklung häufig unter „Token-Ökonomie“ zusammen.

Neues Gesetz

Die liechtensteinische Regierung wollte deshalb mit dem sogenannten „Blockchain-Gesetz“, das am 1. Januar 2020 in Kraft getreten ist, nicht nur die heute bekannten Risiken eindämmen, sondern auch diese Entwicklung zur Token-Ökonomie unterstützen. Dabei sind Klarheit und Rechtssicherheit für Anwender und Dienstleister besonders wichtig. Ohne diese Elemente ist es für Unternehmen schwer, innovativ zu sein, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und effizient umzusetzen.

Ein zentraler Teil des „Blockchain-Gesetzes“ ist deshalb die offene Definition des „Token“, damit nicht nur digitales Geld oder digitale Wertpapiere abgebildet werden können, sondern alle möglichen Anwendungen der Blockchain in der Token-Ökonomie. Durch diese Gesetzesgrundlage ist es in Liechtenstein möglich, alle möglichen Rechte digital auf einem Blockchain-System abzubilden, sei es Stimm- und Dividendenrechte, Lizenzrechte, Eigentumsrechte an physischen Sachen, Nutzungsrechte oder Gutscheine. Mit dieser äusserst flexiblen Ausrichtung soll das Liechtensteinische Blockchain-Gesetz dazu beitragen, dass die Digitalisierung in Liechtenstein einen weiteren Innovationsschub erhält.  

 

heilsbringer_lire_2020_thdu_6347_0.jpgAutor: Dr. Thomas Dünser

... ist Leiter der Stabsstelle für Finanzplatzinnovation der liechtensteinischen Regierung und zuständig für den Unternehmensservice Finanzplatz und die Weiterentwicklung der staatlichen Rahmenbedingungen. Er leitete das Projekt des liechtensteinischen Blockchain-Gesetzes.

Bild: Dr. Dünser, Thomas

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