Letzte Woche haben wir uns mit dem Thema Urlaubsregelungen in der Schweiz beschäftigt. Dieser Beitrag soll nun die wesentlichsten Aspekte der Regelungen im Bezug auf Urlaub in Österreich beleuchten, besonders auch den Einfluss der gegenwärtigen COVID-19 Krise.
Zum Urlaubsausmaß
Dem Arbeitnehmer gebührt gemäß dem Urlaubsgesetz für jedes Arbeitsjahr ein bezahlter Urlaub. Das Urlaubsausmaß beträgt 30 Werktage bei einer Dienstzeit von weniger als 25 Dienstjahren und 36 Werktage nach Vollendung des 25. Dienstjahres. Zu beachten ist dabei, dass Werktage die 6 Wochentage von Montag bis einschließlich Samstag sind.
Wird der Arbeitnehmer regelmäßig nur 5 oder weniger Wochentage beschäftigt, ist der Urlaubsanspruch in die entsprechenden Arbeitstage umzurechnen (z.B. bei einer Dienstzeit von weniger als 25 Dienstjahren 5 Tage/Woche: 25 Arbeitstage, 4 Tage/Woche: 20 Arbeitstage, 3 Tage/Woche: 15 Arbeitstage etc). Besondere Regelungen bestehen zu der Anrechnung der Vordienstzeiten beim Arbeitgeber bzw. sonstiger Vordienstzeiten.
Der Arbeitgeber hat überdies Aufzeichnungen zu führen, aus denen bestimmte Informationen betreffend den Urlaub des jeweiligen Arbeitnehmers hervorgehen.
Vereinbarung des Urlaubs
Der Urlaubsverbrauch muss immer zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer vereinbart werden, dies unter Beachtung der Erfordernisse des Betriebes und die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers. Einseitig darf der Arbeitgeber den Urlaub nicht anordnen.
Erkrankung während des Urlaubes
Erkrankt ein Arbeitnehmer während des Urlaubes, ohne dass er dies vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat, so werden Tage der Erkrankung, an denen der Arbeitnehmer durch die Erkrankung arbeitsunfähig war, die auf Werktage fallen, auf das Urlaubsausmaß nicht angerechnet, wenn die Erkrankung länger als drei Kalendertage gedauert hat.
Diese Regelung greift jedoch nicht, wenn ein Arbeitnehmer während seines Urlaubes eine dem Erholungszweck widersprechende Erwerbstätigkeit ausgeübt hat und die Erkrankung damit in ursächlichem Zusammenhang steht. Im Übrigen hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nach dreitägiger Krankheitsdauer die Erkrankung grundsätzlich unverzüglich mitzuteilen. Bei Wiederantritt des Dienstes muss der Arbeitnehmer auf Verlangen des Arbeitgebers ohne schuldhafte Verzögerung eine Krankheitsbestätigung über Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit vorlegen.
Sonderurlaub (Pflegefreistellung)
Im Urlaubsgesetz ist vorgesehen, dass der Arbeitnehmer unter Umständen einen Anspruch auf eine bezahlte Pflegefreistellung hat. Dies insbesondere wegen der notwendigen Pflege eines im gemeinsamen Haushalt lebenden erkrankten nahen Angehörigen oder wenn ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Kind erkrankt oder aber die Person (Ehegatte/Lebensgefährte), die das Kind normalerweise betreut, ausfällt. Möglich ist in diesem Fall eine Freistellung bei einer Entgeltfortzahlung für maximal eine Woche. Wenn das Kind unter zwölf Jahren ist und neuerlich erkrankt, kann noch eine weitere Woche dazu genommen werden.
Weiters muss der Arbeitgeber bei Vorliegen bestimmter persönlicher Dienstverhinderungsgründe dem Arbeitnehmer das Entgelt weiterzahlen, auch wenn dieser nicht am Arbeitsplatz erscheint (z.B. Familienfeiern, Hochzeit, Todesfälle in der Familie, Pflicht vor Behörden zu erscheinen). Dabei sind auch die Regelungen des jeweiligen Kollektivvertrages zu beachten.
COVID-19: Urlaubsverbrauch?
Im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Coronavirus (COVID-19) wurde auch eine Bestimmung eingeführt, die für den Urlaubsverbrauch relevant ist.
Dementsprechend kann der Arbeitgeber abweichend vom Urlaubsgesetz, das eine einvernehmliche Urlaubsvereinbarung vorsieht, ausnahmsweise von Arbeitnehmern auch einseitig den Verbrauch von Urlaub und Zeitguthaben verlangen.
Maßnahmen auf Grundlage des COVID-19-Maßnahmengesetzes (BGBl. Nr. 12/2020), die zum Verbot oder zu Einschränkungen des Betretens von Betrieben führen, gelten als Umstände in der Sphäre des Arbeitgebers, sodass den Arbeitnehmern grundsätzlich Entgelt zusteht. Arbeitnehmer, deren Dienstleistungen aufgrund solcher Maßnahmen nicht zustande kommen, sind aber verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitgebers in dieser Zeit Urlaubs- und Zeitguthaben zu verbrauchen.
Urlaubsansprüche aus dem laufenden Urlaubsjahr müssen nur im Ausmaß von bis zu 2 Wochen verbraucht werden. Von der Verbrauchspflicht sind weiters solche Zeitguthaben ausgenommen, die auf der durch kollektive Rechtsquellen geregelten Umwandlung von Geldansprüchen beruhen. Insgesamt müssen nicht mehr als 8 Wochen an Urlaubs- und Zeitguthaben verbraucht werden. Diese Bestimmung ist zeitlich befristet und tritt mit 31. Dezember 2020 außer Kraft.
Überdies wurde die Möglichkeit eines Sonderurlaubes für Eltern für die Betreuung von Kindern bis zum vollendeten 14. Lebensjahr auf Anordnung des Arbeitgebers und unter Entgeltfortzahlung im Ausmaß von bis zu drei Wochen (ab dem Zeitpunkt der behördlichen Schließung von Lehranstalten und Kinderbetreuungseinrichtungen) eingeführt. Arbeitgeber haben diesfalls Anspruch auf Vergütung von einem Drittel des in der Sonderbetreuungszeit an die Arbeitnehmer gezahlten Entgelts durch den Bund. Diese Regelung gilt bis 31.05.2020.
Im Juni werfen wir einen Blick auf die Rechte und Pflichten von Arbeitgebern und -nehmern beim Thema Kündigung / Entlassung bzw. Personalabbau in Schweiz und Österreich. Abonnieren Sie den Blog jetzt, um keinen Beitrag zu verpassen.
Autor: Lic. iur. Michael Pérez
Michael Pérez ist Rechtsanwalt und Partner bei PRP Rechtsanwälte. Er hat seine juristische Ausbildung in der Schweiz abgeschlossen und war anschließend für einige Jahre in der Schweiz als Rechtsanwalt tätig. Seine Anwaltszulassung in Österreich erhielt er im Jahre 2006 und betreut seither von Wien aus speziell Mandanten mit bilateralen Verbindungen in die Schweiz und nach Österreich nach dem „One-Stop-Shop“-Prinzip. Der Fokus ist hier vor allem auf Rechtsfragen rund um Betriebsansiedlungen sowie grenzüberschreitende Vertriebs- und Handelstätigkeiten angelegt.
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