Vorsorgevollmacht & Patientenverfügung – Sinnvolle Instrumente zur selbstbestimmten Vorsorge

02.02.2022
Mit einer Vorsorgevollmacht könnten prekäre Situationen verhindert werden (c) pexels_kampus

Rechtsanwalt Michael Pérez informiert über zwei Vorsorgemöglichkeiten: Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung. Das Online-Erfassungssystem der LAWCO. Rechtsanwälte wurde entwickelt, um die Abläufe für die Errichtung von Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen einfach, effizient und kostengünstig zu gestalten.

Plötzlich war alles anders.....

Tina und Lukas haben sich mit ihren beiden kleinen Kindern soeben ihren Lebenstraum erfüllt – endlich ein eigenes Haus! Alle freuen sich schon darauf. Als Lukas die letzten Umzugskartons in das Familienauto packt, stolpert er und schlägt mit dem Kopf auf den Asphalt auf. Er erleidet eine massive Hirnblutung. Nun liegt er im Koma.  

Was jetzt? Es stehen dringend Zahlungen an, die für das neue Haus zu tätigen sind. Auch ein Thermenurlaub, den Lukas kurz vorher noch gebucht hat, muss  storniert werden. Mangels einer gemeinsamen Zeichnungsberechtigung auf Lukas‘ Konto kann aber Tina keinerlei Banküberweisungen tätigen. Den Urlaub kann sie ebenfalls nicht stornieren. Auch Lukas‘ Handyvertrag, sein Fitnessstudio-Abo etc. laufen unnötig weiter. Probleme sind vorprogrammiert!

Im Regelfall bestellt das Gericht zwar einen Erwachsenenvertreter (früher Sachwalter), der dann für Lukas entscheidet bzw. ihn vertritt, aber darauf, wer bestellt wird und auch wann, kann Lukas jetzt keinen Einfluss mehr nehmen.

Mit einer Vorsorgevollmacht hätte Lukas diese prekäre Situation leicht verhindern können.

Die Vorteile einer Vorsorgevollmacht

Die Vorsorgevollmacht erlaubt es also, vorgängig selbst zu bestimmen, welche Person (allenfalls auch mehrere) des Vertrauens im Vorsorgefall rechtsgeschäftlich tätig (bevollmächtigt) wird. Als "Vorsorgefall" gilt eine Person, die durch einen Unfall oder eine Krankheit nicht mehr geschäftsfähig oder nicht mehr einsichts- und urteilsfähig ist und/oder sich nicht mehr äußern kann.

Ohne eine Vorsorgevollmacht wird im Fall, dass eine Person aufgrund ihres Zustandes nicht mehr in der Lage ist, einen Sachwalter zu wählen, vom Gericht - nach Verstreichen wertvoller Zeit! - entweder ein "gesetzlicher Erwachsenenvertreter" (meistens aus dem Kreis naher Angehöriger) oder ein "gerichtlicher Erwachsenenvertreter" (im Regelfall ein Anwalt/Notar, insbesondere wenn ein größeres Vermögen vorhanden ist) bestellt. Im Fall, dass ein Erwachsenenvertreter vom Gericht bestellt werden muss, können beachtliche Kosten entstehen. Hier liegt ein weiterer Vorteil in der Vorsorgevollmacht, dass der oder die Betroffene selbst entscheiden kann, ob und in welcher Höhe einem oder einer Bevollmächtigten ein Entgelt für diese Tätigkeit zusteht.

Wie kommt man zu einer Vorsorgevollmacht?

Die Vorsorgevollmacht kann rechtsgültig nur vor einem Notariat, einem Rechtsanwalt/einer Rechtsanwältin oder vor einem Erwachsenenschutzverein (sofern die zu regelnden Verhältnisse einfacher Natur sind) in schriftlicher Form errichtet werden. Und es ist ein Eintrag in das Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) erforderlich. Eine weitere Voraussetzung für die Errichtung ist die Geschäftsfähigkeit. Vorsorgevollmachten sind zeitlich unbefristet und können jederzeit widerrufen werden. Sollten im Anlassfall ein/eine Betroffene die Entscheidungsfähigkeit wiedererlangen, muss dies im ÖZVV eingetragen werden, wodurch die Vorsorgevollmacht beendet ist.

Nähere Informationen zur Vorsorgevollmacht finden Sie unter: vorsorgevollmacht.lawco.at

Ewig an Schläuchen zu hängen, das hätte Michaela sicher nicht gewollt.....

Auch die beste Freundin von Lukas, die Michaela hat leider Pech. Seit einem Schiunfall liegt sie nun schon mehrere Jahre im Koma und ihr Zustand wird nicht besser. Aufgrund der schweren Gehirnschädigung wacht sie wohl nie wieder auf. Michaelas Freund Conrad weiß ganz genau, dass Michaela es sich nicht gewünscht hätte, in diesem Zustand zu verharren und dass lebenserhaltende Maßnahmen um jeden Preis ihr Leid verlängern. Alle Bitten und Flehen von Conrad gegenüber den behandelnden Ärzten, die lebenserhaltenden Maßnahmen einzustellen, nützen  nichts. Ärzte sind von Berufs wegen verpflichtet, alle erdenklich möglichen, lebenserhaltenden Maßnahmen zu setzen, auch wenn sie den Abschied nur unnötig in die Länge ziehen.

Für diesen Fall hätte Michaela mit einer Patientenverfügung sehr gut vorsorgen können.

Was ist eine verbindliche Patientenverfügung?

In einer Patientenverfügung kann man im Voraus selbst festlegen, welche medizinischen Behandlungen später, in bestimmten Situationen, seitens der Ärzte nicht mehr an Ihnen durchgeführt werden dürfen. Die Patientenverfügung wird aber erst wirksam bzw. ist von den Ärzten zu befolgen, wenn man nicht mehr eigenständig entscheiden bzw. sich nicht mehr äußern kann. Sie tritt also nur in den im Voraus von der errichtenden Person festgelegten Situationen in Kraft.

Im Fall einer verbindlichen Patientenverfügung hat sich der behandelnde Arzt, wenn man nicht mehr einsichts- und urteilsfähig und/oder äußerungsfähig ist, an die Patientenverfügung zu halten und darf die in der Patientenverfügung abgelehnten Maßnahmen keinesfalls durchführen. Die Voraussetzungen für die Errichtung einer verbindlichen Patientenverfügung sind daher besonders streng. Und zwar:

  • Höchstpersönliche Errichtung und Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit
  • Ärztliche Aufklärung
  • Errichtung vor einem Rechtsanwalt/Notar oder rechtskundigen Patientenvertreter
  • Ablehnung bestimmter medizinischer Behandlungen
  • Aktualität (grundsätzlich gilt die verbindliche Patientenverfügung derzeit maximal acht Jahre; nach Erneuerung der Patientenverfügung beginnt nach der derzeit gültigen Gesetzeslage die Frist von acht Jahren neu zu laufen)

Fehlt auch nur eine der oben genannten Voraussetzungen für eine verbindliche Patientenverfügung, handelt es sich um eine „andere“ Verfügung. Je mehr Voraussetzungen allerdings erfüllt sind, umso eher ist sie für den Arzt beachtlich.

Nähere Informationen zur Patientenverfügungen finden Sie unter: patientenverfügung.lawco.at

Trotz der klaren Vorteile der beiden hiervor genannten Vorsorge-Instrumente machen nur relativ wenige Personen von der Errichtung einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung Gebrauch. Oftmals ist das Lebensmotto „mir passiert schon nichts“ daran schuld. Aber auch der Umstand, dass die Errichtung und Registrierung einer Vorsorgevollmacht/Patientenverfügung als zeit- und kostenaufwändig gilt und gerade bei der verbindlichen Patientenverfügung mehrere „Wege“ gemacht werden müssen (dh. zum Arzt und Anwalt/Notar, womit auch doppelte Kosten verbunden sind).

Die Kanzlei LAWCO.Rechtsanwälte hat zwei Service-Websites bzw. ein speziell auf die Errichtung von Vorsorgevollmachten (vorsorgevollmacht.lawco.at) und Patientenverfügungen (patientenverfügung.lawco.at) abgestimmtes Online-Erfassungssystem entwickelt, um die Abläufe für deren Errichtung einfach, effizient und kostengünstig zu gestalten.

 

Autor: Lic. iur. Michael Pérez

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Michael Pérez ist Rechtsanwalt und Partner bei Prettenhofer Raimann Pérez Tschuprina Rechtsanwaltspartnerschaft (LAWCO. Rechtsanwälte). Er hat seine juristische Ausbildung in der Schweiz abgeschlossen und war anschließend für einige Jahre in der Schweiz als Rechtsanwalt tätig. Seine Anwaltszulassung in Österreich erhielt er im Jahre 2006 und betreut seither von Wien aus speziell Mandanten mit bilateralen Verbindungen in die Schweiz und nach Österreich nach dem „One-Stop-Shop“-Prinzip. Der Fokus ist hier vor allem auf Rechtsfragen rund um Betriebsansiedlungen sowie grenzüberschreitende Vertriebs- und Handelstätigkeiten angelegt. 

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