In naher Zukunft sollen uns eMobilität und smarte Verkehrssysteme schneller und effizienter ans Ziel bringen. Doch halten diese Heilsversprechen einem Reality-Check stand? Wie Wien zur Tramhauptstadt der Welt werden soll, warum Radfahrwege nicht immer eine Lösung sind und warum uns in Wien noch größere Baustellen drohen, wurde am 11. April 2024 bei der Top Speakers Lounge der Handelskammer Schweiz-Österreich-Liechtenstein bei PwC Österreich.
Vieles ist Zukunftsmusik, vieles steckt noch in den Kinderschuhen – zumindest, wenn man an europäische Städte denkt. Bei der Top Speakers Lounge in den Räumlichkeiten von PwC Österreich im DC Tower erörterten Alexandra Reinagl, Vorsitzende der Geschäftsleitung Wiener Linien, Frank Simon Aeschbacher (CEO Swiss E-Mobility Group, Zürich), Matthias Nagler (ÖAMTC) und Michael Sponring (Territory Leader Energy, Utilities & Resources, PwC Österreich) wohin die Reise führt und welche Stolperfallen auftreten können.
Neben neuer U5 auch neue Straßenbahnlinien in Wien
Trotz vieler unterschiedlicher Standpunkte war klar, an den öffentlichen Verkehrsmitteln wird auch in Zukunft kein Weg vorbeiführen. In ihrem Impulsvortrag betonte Alexandra Reinagl, dass unter dem Titel „Jahrzehnt der Modernisierung des Öffi-Netzes“ 12 neue U-Bahn-Stationen und - bis 2040 - alle 500m ein WienMobil Sharing-Angebot geplant seien. Trotz des Ausbaus wird die U5 die letzte neue U-Bahn in Wien sein. Die neue U5 wird 2026 eröffnet, parallel dazu entstehen mit den Linien 12, 18 und 27 auch neue Straßenbahnlinien.
„Meine Vision: Wir werden die Straßenbahnhauptstadt der Welt. Die Straßenbahn ist eine Antwort auch für Pendler und wir setzen auf die neuesten Technologien. Natürlich würden wir auch gerne eine Straßenbahn ins Umland bauen, aber dafür braucht man Partner, und die sind noch offen“, so Alexandra Reinagl.
Bei all der Euphorie für den Ausbau des öffentlichen Netzes ist sich die Chefin der Wiener Linien auch der Auswirkungen auf die Bewohner bewusst. Reinagl:
„Wir haben das Jahr des öffentlichen Verkehrs ausgerufen. Jährlich müssen 3 Prozent des Schienennetzes erneuert werden. Das heißt, die Baustellen gehen sich im Sommer nicht mehr aus. Sie werden länger und größer, denn man reißt nicht erst die Schienen raus, dann kommt das Fernwärmenetz und dann der Kanal. Jetzt wird möglichst alles auf einmal gemacht und danach 15 Jahre nicht mehr angefasst.“
Weniger überzeugt ist die Managerin von der individuellen E-Mobilität. Auch wenn in Zukunft 60 E-Busse der Wiener Linien den CO2 Verbrauch senken sollen, so sind für Reinagl E-Autos nicht die Zukunft der Mobilität in der Stadt. Man sollte laut ihr etwas über Verzicht nachdenken. Daher setzt sie Verkehr vermeiden an erste Stelle. Wenn das nicht geht, sollte er verlagert werden und letztendlich verbessert werden.
Preis für Elektroautos ist für Privatnutzer einfach zu hoch
Bedenken, was die E-Autos angeht, kommen auch von Michael Sponring (PwC Österreich).
„Um den Verkehr von heute auf morgen umzustellen, bräuchte es mehr als die Hälfte des österreichischen Strombedarfs und eine Verdreifachung der Kapazität. Zudem ist der Preis für Elektroautos für Privatnutzer einfach zu hoch. Hinzu kommen hohe Ladepreise von bis zu 90 Cent pro KWh. Aktuell findet ein Umdenken statt. Auch 2070 werden wir noch mit Verbrennungsmotoren fahren, wie der Bosch-Vorstand sagt. Da gebe ich ihm Recht. Technologieoffenheit ist das Gebot der Stunde.“ so Sponring.
Das große Ganze hat auch Matthias Nagler vom ÖAMTC im Blick:
„In der Stadt gibt es kein Entweder-oder, sondern ein Sowohl-als-auch. Man muss den öffentlichen Raum neu denken und nicht überall einen Radstreifen hineinquetschen. Wir haben konkrete Konzepte entwickelt und zeigen, dass es möglich ist, die Interessen aller Verkehrsteilnehmer unter einen Hut zu bringen. Menschen vom Autofahren abzuhalten, ist nicht die Lösung. Viel wichtiger sind Anreize, wie zum Beispiel der öffentliche Verkehr. Auch die meisten ÖAMTC-Mitglieder fahren in der Stadt mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Im Umland dominiert das Auto, aber von Wien nach St. Pölten kommt man mit dem Auto in 20 Minuten nicht.“
Das Thema Angebot ist auch für Frank Simon Aeschbacher der Schlüssel zur Mobilität von morgen.
„Das Angebot für die Mitarbeiter ist wichtig. Das kann ein Fuhrpark für den täglichen Bedarf sein oder, wenn man die Mitarbeiter motiviert, mit dem Rad – eventuell als Leasingangebot - zu fahren. Hinzu kommt unser Angebot an Unternehmen, ihnen eine ganzheitliche Beratung zukommen zu lassen.“ so Aeschbacher.
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Fotos ©Robin Consult Lepsi
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