Neue Kapitalgesellschaftsform für Österreich
Ein kurzer Überblick über die neu geplante Flexible Kapitalgesellschaft (Flexible Company – FlexCo)

Treibende Kraft der Startup-Szene

Wenn Unternehmer:innen in Österreich eine Kapitalgesellschaft gründen möchten, so stehen ihnen derzeit nur zwei Gesellschaftsformen zur Verfügung: die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG). Gerade im Startup-Bereich bieten diese beiden Gesellschaftsformen jedoch nicht immer die passenden Lösungen bzw. flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten, die von den Gründer:innen für ihr Start-up-Unternehmen oftmals benötigt werden.

Um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden und auch international wettbewerbsfähig zu bleiben, wurde seitens des Bundesministeriums für Justiz ein Gesellschaftsrechts-Änderungsgesetz 2023 (kurz „GesRÄG 2023“) ausgearbeitet, mit der insbesondere eine neue Kapitalgesellschaftsform, die flexible Kapitalgesellschaft (nachfolgend kurz „FlexCo“), geschaffen werden soll. Derzeit befindet sich das GesRÄG 2023 noch in der Begutachtungsphase. Es ist jedoch geplant, dass die neuen Regelungen noch in diesem Jahr in Kraft gesetzt werden.

Eckpunkte der neuen FlexCo

Laut dem GesRÄG 2023 basiert die FlexCo auf dem GmbH-Gesetz. Zusätzlich bietet das neue Gesetz jedoch diejenigen Gestaltungsmöglichkeiten, die bisher nur bei einer Aktiengesellschaft möglich sind (insbesondere in Bezug auf unterschiedliche Beteiligungsformen). Vor diesem Hintergrund wird die FlexCo auch als Hybridform zwischen GmbH und AG bezeichnet.

Die wichtigsten Besonderheiten der FlexCo lassen sich kurz zusammenfassen wie folgt:

  • Absenkung des gesetzlichen Mindeststammkapitals
    Derzeit beträgt bei einer GmbH das gesetzliche Mindeststammkapital EUR 35.000. Dieses soll nunmehr auf EUR 10.000 herabgesenkt werden. Zwar gab es bisher schon die Möglichkeit eine sog. gründungsprivilegierte GmbH, dh. mit einer gründungsprivilegierten Stammeinlage iHv. EUR 10.000 zu gründen. Bei der gründungsprivilegierten GmbH ist es jedoch notwendig, nach Ablauf einer 10-Jahresfrist weitere Einzahlungen (jedenfalls bis zur Höhe der Hälfte des Mindeststammkapitals) zu leisten. Diese Pflicht soll nun bei der FlexCo entfallen.
  • Absenkung Mindestbetrag für Stammeinlagen
    Derzeit ist bei einer GmbH die Mindesthöhe für eine Stammeinlage pro Gesellschafter:in mit EUR 70,-- begrenzt. Auch dieser Wert soll herabgesetzt werden und zwar auf einen Betrag iHv. EUR 1,--.
  • Einfachere Beschlussfassung
    Im Gesellschaftsvertrag einer FlexCo soll in Zukunft davon abgegangen werden können, dass schriftliche Beschlussfassungen nur dann möglich sind, wenn alle Gesellschafter:innen mit dieser Vorgangsweise im Einzelfall einverstanden sind. Damit können inskünftig Umlaufbeschlüsse auch ohne individuelles Einverständnis aller Gesellschafter:innen gefasst werden.
  • Wegfall Notariatsaktpflicht für Übertragungen von Geschäftsanteilen
    Derzeit bedarf es für die Abtretung bzw. Übernahme von Geschäftsanteilen eines Notariatsaktes. Diese strenge Formpflicht soll in Zukunft bei einer FlexCo wegfallen. Allerdings sollen bei Abtretungsverträgen – im Sinne eines Mindestschutzes bzw. als Schutz vor voreiligen Rechtshandlungen – auch weiterhin Notar:innen und Rechtsanwält:innen mitwirken.
  • (Stimmrechtslose) Unternehmenswert-Anteile
    Im Rahmen einer FlexCo ist es fortan möglich, den Kreis von Personen, die sich an der Gesellschaft (nur wirtschaftlich) beteiligen wollen, zu erweitern und zwar in Form von sogenannten „Unternehmenswert-Anteilen“. So können bspw. Investor:innen und Mitarbeitende am Bilanzgewinn und am Liquidationserlös nach dem Verhältnis ihrer eingezahlten Stammeinlagen beteiligt werden, ohne jedoch – mit Ausnahmen - ein Stimmrecht zu haben. Die Ausgabe von solchen Unternehmenswertanteilen gilt jedoch nicht unbeschränkt: vorgesehen ist, dass das Ausmaß aller Unternehmenswert-Anteile geringer als 25 % des Stammkapitals sein muss.
    Weitere wichtige Aspekte bei Unternehmenswert-Anteilen: Auch ohne Stimmrecht sind die Unternehmenswert-Beteiligten berechtigt, an den Generalversammlungen der Gesellschaft teilzunehmen und sich über die Durchführung von schriftlichen Abstimmungen zu informieren. Weiters haben die Unternehmenswert-Beteiligten ein Mitverkaufsrecht, wenn die Gründungsgesellschafter:innen ihre Geschäftsanteile mehrheitlich veräußern (was im Gesellschaftsvertrag vorzusehen ist).
  • Umwandlungsmöglichkeiten
    Hinzuweisen ist noch, dass im vorliegenden Gesetzesentwurf auch Bestimmungen zur Umwandlung einer FlexCo in eine GmbH oder AG bzw. einer GmbH oder einer AG in eine FlexCo vorgesehen sind.

Die Schaffung einer neuen Kapitalgesellschaftsform ist in Bezug auf die flexibleren gesellschaftsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten von Startup-Unternehmen sicherlich zu begrüßen und steigert die Attraktivität von Österreich als Standort bei der Ansiedlung von Startup-Unternehmen.

Es gibt allerdings auch Kritikpunkte: Dazu zählen zum einen der Umstand, dass der Gründungsprozess im Wesentlichen unverändert bleibt und dass Eingaben beim Firmenbuch weiterhin ausschließlich auf Deutsch zu erfolgen haben, was gerade im internationalen Rechtsverkehr bei der Ausgestaltung von Verträgen einen höheren Aufwand erfordert  (durch das Erstellen von zweisprachigen Vertragsfassungen bzw. beglaubigten Übersetzungen). Zum anderen sind im Gesetzesentwurf Regelungen enthalten, die als wenig flexibel zu beurteilen sind, wie insbesondere eine – im Gegensatz zur konventionellen GmbH – strengere Aufsichtsratspflicht sowie das Einziehen von Obergrenzen im Bereich der Mitarbeiterbeteiligungen (so dürfen maximal 100 Mitarbeiter:innen beteiligt werden; weiters ist eine Mindestbeschäftigungsdauer und eine Mindesthaltefrist vorgesehen und es soll auch eine Umsatz-Grenze von 40 Million Euro eingeführt werden.

Zum Gesetzesentwurf sind bereits zahlreiche Stellungnahmen, insbesondere bezüglich der obgenannten Kritikpunkte, eingelangt. Es bleibt daher abzuwarten, welche Änderungen die FlexCo noch erfahren bzw. welche exakte Ausgestaltung die FlexCo letztlich haben wird.

 

Autor: Lic. iur. Michael Pérez

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Michael Pérez ist Rechtsanwalt und Partner bei Prettenhofer Raimann Pérez Tschuprina Rechtsanwaltspartnerschaft (LAWCO. Rechtsanwälte). Er hat seine juristische Ausbildung in der Schweiz abgeschlossen und war anschließend für einige Jahre in der Schweiz als Rechtsanwalt tätig. Seine Anwaltszulassung in Österreich erhielt er im Jahre 2006 und betreut seither von Wien aus speziell Mandanten mit bilateralen Verbindungen in die Schweiz und nach Österreich nach dem „One-Stop-Shop“-Prinzip. Der Fokus ist hier vor allem auf Rechtsfragen rund um Betriebsansiedlungen sowie grenzüberschreitende Vertriebs- und Handelstätigkeiten angelegt. 

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