Bei Neugründungen (insbesondere in der Start-up Szene) ist die Gesellschaftsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (kurz „GmbH“) weitaus am beliebtesten (nebst der Unternehmensform des Einzelunternehmens). In Österreich ist das schon länger der Fall, in der Schweiz ist dies aber relativ neu, da bisher die Rechtsform der Aktiengesellschaft bei Neugründungen das Ranking deutlich angeführt hat. Jetzt hat sich aber auch in der Schweiz das „Blatt gewendet – denn in den letzten zwei Jahren hat die GmbH die Aktiengesellschaft als beliebteste Gesellschaftsform abgelöst. Grund genug, auf diese Rechtsform in beiden Ländern etwas näher einzugehen bzw. diese miteinander zu vergleichen.
Österreich
Erforderliche Anzahl der Gründer
Eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen
Stammkapital
- Mind. EUR 35.000,00;
- Mindesteinzahlung EUR 17.500,00;
- Gründung mittels Bar- und Sacheinlagen ist möglich;
- Gründungsprivilegierung: Die gründungsprivilegierte GmbH (die es in Österreich seit 2014 gibt) ist eine Sonderform der „regulären“ GmbH. Bei dieser Form ist – für eine zeitlich befristete Dauer – nur eine geringe Kapitalaufbringung bei der Gründung erforderlich. Bei Inanspruchnahme der sog. Gründungsprivilegierung beträgt das gründungsprivilegierte Stammkapital nur EUR 10.000,--, worauf wiederum nur EUR 5.000,-- einbezahlt werden müssen. Nach Ablauf von 10 Jahren muss dann aber mindestens die Hälfte des (normalen) Mindeststammkapitals in Höhe von EUR 35.000,--, also die EUR 17.500,--, einbezahlt werden. Solange das Mindestkapital nicht voll einbezahlt ist, haften die Gesellschafter für die Differenz unbeschränkt mit ihrem gesamten Vermögen. Es ist daher aus haftungstechnischen Gründen zu empfehlen, die gesamte gründungsprivilegierte Stammeinlage (EUR 10.000,--) von Beginn an voll einzubezahlen.
Gesellschaftsvertrag
Notarielle Beurkundung erforderlich (mit Ausnahme im Rahmen der vereinfachten Gründung, siehe weiter unten).
Bestellung Geschäftsführer
- Es muss mindestens ein/eine Geschäftsführer/in bestellt werden;
- Dieser/diese braucht keinen Wohnsitz/gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich zu haben.
Eintragung im Firmenbuch
Vorzulegen sind
- der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag bzw. die Errichtungserklärung (bei einem Alleingesellschafter);
- Bestellungsbeschluss bezüglich Geschäftsführer/in (sofern keine Direktbestellung im Gesellschaftsvertrag vorgenommen wird);
- Bankbestätigung (einer in Österreich ansässigen Bank) über die erfolgte Einzahlung der Stammeinlage oder Bestätigung eines Notars über die erfolgte Einzahlung auf ein Treuhandkonto;
- Handelsregisterauszug der ausländischen Gesellschafter, sofern der/die Gesellschafter eine juristische Person ist, in beglaubigter Form plus Apostille;
- Musterzeichnung des/der Geschäftsführers/Geschäftsführerin, in beglaubigter Form plus Apostille
Der Firmenbuchantrag selbst ist durch den bestellten/die bestellte Geschäftsführer/in beglaubigt zu unterzeichnen (plus Apostille sofern die Unterzeichnung in der Schweiz erfolgt).
Organe der Gesellschaft
Generalversammlung
Sie ist das oberste Organ der GmbH. Die Gesellschafter können ihre Beschlüsse entweder in der Generalversammlung oder mittels Umlaufbeschluss fassen. Die Generalversammlung kann in allen Belangen Beschlüsse fassen. Sie muss mindestens einmal pro Geschäftsjahr und zwar innerhalb der ersten 8 Monate des Geschäftsjahres abgehalten werden.
Geschäftsführer
Eine GmbH benötigt mindestens einen Geschäftsführer. Dieser ist eine natürliche Person, vertritt die Gesellschaft nach außen und leitet sie. Für die Bestellung eines Geschäftsführers ist keine besondere Qualifikation erforderlich, er muss bloß voll handlungsfähig sein.
Aufsichtsrat
Dieser wird vom Gesetz dann vorgesehen, wenn die Anzahl der Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt 300 übersteigt. Weitere Fälle sind eher von nachrangiger Bedeutung (zB Stammkapital > 70.000€ und mehr als 50 Gesellschafter). Er muss aus mindestens drei von den Gesellschaftern gewählten oder entsandten Mitgliedern bestehen. Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen, den Jahresabschluss zu prüfen und an die Gesellschafter zu berichten. Bei wichtigen Geschäften muss der Aufsichtsrat zustimmen. Der Aufsichtsrat ist jedoch nicht für die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung zuständig. Er hat mindestens viermal pro Jahr zusammenzutreten. Die Aufsichtsratsmitglieder müssen weder österreichische Staatsbürger sein, noch ihren Wohnsitz im Inland haben.
Buchführung
Eine GmbH ist zur lückenlosen Buchführung und Bilanzierung verpflichtet. Die Geschäftsführer müssen ein an die Anforderungen des Unternehmens angepasstes Rechnungswesen und ein internes Kontrollsystem implementieren. Innerhalb von fünf Monaten nach dem Bilanzstichtag ist außerdem der Jahresabschluss aufzustellen und ein Lagebericht zu erstellen. Erleichterungen gibt es für kleine und mittelgroße GmbHs, kleine müssen nur eine verkürzte Bilanz mit verkürztem Anhang und einen Gewinnverteilungsvorschlag einreichen.
Haftung / Nachschusspflicht
Die GmbH haftet ausschließlich mit ihrem Gesellschaftsvermögen. Im Gesellschaftsvertrag können die Gesellschafter allerdings zu Nachschüssen verpflichtet werden.
Nationalitäts- und Wohnsitzvorschriften
Weder in Bezug auf die Gesellschafter noch auf die Geschäftsführung gibt es bestimmte Voraussetzungen hinsichtlich der Nationalität und des Wohnsitzes (dies im Gegensatz zur schweizerischen GmbH: dort muss mindestens eine zur Vertretung befugte Person ihren Wohnsitz in der Schweiz haben, siehe weiter unten).
Übertragung der Stammanteile
Eine GmbH (bzw. die Geschäftsanteile) kann nur durch Übertragung der Stammanteile übertragen werden. Hierfür ist – anders als in der Schweiz (siehe weiter unten) – ein Notariatsakt erforderlich. Die Übertragung kann – wenn dies im Gesellschaftsvertrag festgelegt worden ist – an verschiedene Voraussetzungen/Bedingungen geknüpft werden.
Dauer bis zur Eintragung
Sobald sämtliche obgenannten Unterlagen vorliegen bzw. nachdem der Eintrag im Firmenbuch beantragt ist (was alles elektronisch erfolgt), dauert es in der Regel nur ein paar Tage, bis die Eintragung im Firmenbuch durchgeführt ist.
Vereinfachte und digitale GmbH-Gründung
Nebst dem „traditionellen“ Gründungsablauf gibt es in Österreich mittlerweile auch eine vereinfachte/digitale Form der Errichtung.
Vereinfachte Gründung:
- Ein-Personen-GmbH, deren einziger Gesellschafter eine natürliche Person ist (also keine Gesellschaft)
- diese Person ist gleichzeitig einziger Geschäftsführer
- Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft muss einen bestimmten standardisierten Inhalt aufweisen – diese muss nicht durch einen Notar beglaubigt werden!
- Gründer verfügt über eine elektronische Signatur (Bürgerkarte oder Handy-Signatur)
- Es muss ein Kreditinstitut ausgewählt werden, das diese Form der Gründung unterstützt bzw. die dafür erforderlichen Leistungen anbietet
- Es muss sich um die Neugründung einer GmbH handeln, dh. darauffolgende Änderungen, Anmeldungen oder Anträge unterliegen den allgemeinen Formvorschriften
- Die Anmeldung beim Firmenbuch erfolgt über das Unternehmensserviceportal
Die digitale Gründung:
Seit 2019 ist es möglich, dass der erforderliche Notariatsakt der Errichtungserklärung bzw. der Gesellschaftsvertrag auch elektronisch unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit, also per Videokonferenz, errichtet werden kann. Der Vorteil besteht darin, dass die Gesellschafter nicht (alle) persönlich anwesend sein müssen.
Der Notar hat bei einer nicht physisch anwesenden Partei durch Sicherungsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass die Feststellung und Prüfung der Identität der Partei unter Verwendung eines elektronischen Verfahrens auf sichere und zweifelsfreie Weise erfolgen. Des Weiteren ist es notwendig, dass bei der Aufnahme des Notariatsakts alle Parteien ununterbrochen entweder physisch vor dem Notar anwesend oder mit dem Notar und den anderen Parteien unter Nutzung einer elektronischen Kommunikationsmöglichkeit durch eine optische und akustische Zweiweg-Verbindung in Echtzeit verbunden sind.
Schweiz
Entstehung
Die GmbH entsteht mit dem Eintrag ins Handelsregister (HR). Damit die GmbH im HR eingetragen werden kann bedarf es folgender Vorkehrungen:
- öffentliche Beurkundung der Gründung,
- Genehmigung der Statuten,
- Wahl des Verwaltungsrats und
- die Bestellung der Revisionsstelle (sofern kein Verzicht bezüglich der Revisionsstelle vorliegt, siehe dazu weiter unten).
Erforderliche Anzahl Inhaber oder Gesellschafter
Eine GmbH kann durch mindestens einen Gesellschafter gegründet und betrieben werden. Gesellschafter können natürliche oder juristische Personen oder Handelsgesellschaften sein.
Erforderliches Kapital
Das Gesellschaftskapital (Stammkapital) bei einer GmbH muss mindestens CHF 20'000 betragen, aufgeteilt in Stammanteile mit einem Nennwert von mind. CHF 100. Es muss voll einbezahlt (liberiert) oder mit Sacheinlagen gedeckt sein. Jeder Gesellschafter hat sich mit mindestens einer Stammeinlage am Stammkapital zu beteiligen. Die Gesellschafter scheinen namentlich im Handelsregister auf, dies im Gegensatz zu einer AG, bei der die Aktionäre anonym bleiben, dh. nicht aufscheinen.
Wenn eine Beteiligung am Stammkapital den Wert von 25% erreicht oder übersteigt, müssen die Käufer oder Inhaber der Gesellschaft mitteilen, wer der wirtschaftlich Berechtigte der Beteiligung ist. Die Liste der wirtschaftlich Berechtigten ist aktuell zu halten.
Organisation bzw. Organe der GmbH
Die Organe bei einer GmbH sind: die Gesellschafterversammlung, die Geschäftsführung mit mindestens einem Mitglied und die Revisionsstelle, sofern darauf nicht verzichtet worden ist.
Haftung / Nachschusspflicht
Die GmbH haftet ausschließlich mit ihrem Gesellschaftsvermögen. In den Statuten können die Gesellschafter allerdings zu Nachschüssen verpflichtet werden. Diese dürfen aber nur zur Deckung von Bilanzverlusten, zur Ermöglichung der ordnungsgemäßen Weiterführung der Geschäfte oder in den statutarisch umschriebenen Fällen verwendet werden und höchstens das Doppelte des Nennwertes des Stammanteils betragen.
Buchführungspflicht
Die GmbH ist zur Buchhaltung und Rechnungslegung gemäß den im Obligationenrecht normierten Regeln verpflichtet. Eine GmbH, die in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren zwei der folgenden Schwellenwerte überschreitet, unterliegt der ordentlichen Revision
- Bilanzsumme: CHF 20 Millionen
- Umsatz: CHF 40 Millionen
- Vollzeitstellen: 250
Jedenfalls zur Durchführung einer ordentlichen Revision verpflichtet sind Publikumsgesellschaften und Gesellschaften, die zur Erstellung einer Konzernrechnung verpflichtet sind. Die übrigen GmbH's unterliegen der eingeschränkten Revision. Sofern keine Verpflichtung zur ordentlichen Revision besteht, kann auch ganz auf eine Revision verzichten werden, wenn eine GmbH im Jahresdurchschnitt weniger als zehn Personen beschäftigt.
Geschäftsführung und Vertretung
Die Geschäftsführung bei der GmbH erfolgt durch alle Gesellschafterinnen und Gesellschafter gemeinsam, sofern dies nicht durch Statuten abweichend geregelt ist. Jeder Geschäftsführer ist zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. In den Statuten kann die Vertretung abweichend davon geregelt werden, allerdings muss mindestens eine Geschäftsführungsperson zur Vertretung befugt sein.
Übertragung der Stammanteile
Eine GmbH kann nur durch die schriftliche Übertragung der Stammanteile übertragen werden. Ein Notariatsakt – wie bspw. in Österreich – ist jedoch nicht erforderlich. Die Abtretung von Stammanteilen braucht die Zustimmung der Gesellschafterversammlung soweit die Statuten nichts Abweichendes regeln. Sofern nicht durch die Statuten etwas anderes geregelt ist, erfolgt die Zustimmung der GV bei einem Quorum von mindestens zwei Dritteln der vertretenen Stimmen sowie bei der absoluten Mehrheit des gesamten Stammkapitals, mit dem ein ausübbares Stimmrecht verbunden ist.
Nationalitäts- und Wohnsitzvorschriften
Die GmbH muss durch eine Person vertreten werden können, die Wohnsitz in der Schweiz hat. Ansonsten gibt es keine Nationalitätsvorschriften.
Schlussbemerkung
Der Umstand, dass in Österreich einerseits schon seit längerem der gesamte Rechtsverkehr mit Gerichten und Behörden, insbesondere auch in firmenbuchrechtlichen Angelegenheiten, vollständig elektronisch abgewickelt werden kann und andererseits die Rahmenbedingungen für eine erleichterte Gründung (Stichwort: Gründungsprivilegierung, vereinfachte bzw. digitale Gründung) geschaffen wurden, zeigt, dass die österreichische GmbH im Vergleich zur schweizerischen GmbH in Bezug auf das Gründungsprozedere die Nase deutlich vorn hat. Dies ist auch der Grund, weshalb in der Schweiz Forderungen nach einer Vereinfachung und Digitalisierung der GmbH-Gründung sowie nach einer generellen Digitalisierung des Behördenverkehrs laut geworden sind. Dieser Schritt ist m.E. längst fällig und wäre sicher wichtig, damit die Schweiz diesbezüglich nicht den Anschluss verpasst und hier Abstriche bei dem an sich sehr guten Standortvorteil hinnehmen muss.
Autor: Lic. iur. Michael Pérez
Michael Pérez ist Rechtsanwalt und Partner bei Prettenhofer Raimann Pérez Tschuprina Rechtsanwaltspartnerschaft (LAWCO. Rechtsanwälte). Er hat seine juristische Ausbildung in der Schweiz abgeschlossen und war anschließend für einige Jahre in der Schweiz als Rechtsanwalt tätig. Seine Anwaltszulassung in Österreich erhielt er im Jahre 2006 und betreut seither von Wien aus speziell Mandanten mit bilateralen Verbindungen in die Schweiz und nach Österreich nach dem „One-Stop-Shop“-Prinzip. Der Fokus ist hier vor allem auf Rechtsfragen rund um Betriebsansiedlungen sowie grenzüberschreitende Vertriebs- und Handelstätigkeiten angelegt.
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