Arbeitszeitregelung in der Schweiz
Ein Überblick über die geltenden Regelungen

13.02.2020
Bild Vertrag Pixabay
Die wöchentliche Höchstarbeitszeit in der Schweiz beträgt 45 bzw. 50 Stunden pro Woche. (Bild pixabay.com/Aymanejed)

Im Blogbeitrag von Dezember haben wir die Arbeitszeitregelung in Österreich näher dargestellt. In diesem Blogbeitrag soll nun ein kurzer Überblick über die in der Schweiz geltenden Regelungen im Bereich der Arbeitszeit gegeben werden.

Die wesentlichen Bestimmungen über die Arbeitszeit finden sich im Bundesgesetz über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (kurz Arbeitsgesetz, ArG) sowie in der dazugehörigen Verordnung (kurz ArGV).

Tages- und Abendarbeit; wöchentliche Höchstarbeitszeit

Als Tagesarbeit gilt die Zeit zwischen 6 bis 20 Uhr. Die Arbeit von 20 bis 23 Uhr gilt als Abendarbeit. Die Tages- und Abendarbeit ist bewilligungsfrei, allerdings kann die Abendarbeit vom Arbeitgeber erst nach Anhörung der Arbeitnehmenden eingeführt werden.

Hinzuweisen ist, dass der Beginn und das Ende der Tages- und Abendarbeitszeit zwischen 5 und 24 Uhr anders festgelegt werden kann, wenn die Mehrheit der betroffenen Arbeitnehmenden zustimmt. Die betriebliche Tages- und Abendarbeitszeit beträgt aber auch in diesem Falle höchstens 17 Stunden. Zu beachten ist auch, dass der Beginn und das Ende der Arbeitszeit des einzelnen erwachsenen Arbeitnehmers mit Einschluss der Pausen und allfälliger Überzeit innerhalb von 14 Stunden liegen muss. 

Die wöchentliche Höchstarbeitszeit beträgt 45 Stunden pro Woche für Arbeitnehmende in industriellen Betrieben, Büropersonal, technische und andere Angestellte, Verkaufspersonal in Großbetrieben des Detailhandels und 50 Stunden pro Woche für alle übrigen Arbeitnehmenden.

Flexibilisierung

In Betrieben mit witterungsbedingtem Arbeitsausfall oder mit erheblichen saisonalen Schwankungen des Arbeitsanfalles kann die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 45 bzw. 50 Stunden um höchstens 4 Stunden verlängert werden, sofern sie im Durchschnitt eines halben Jahres nicht überschritten wird.

Für Arbeitnehmende mit einer im Durchschnitt des Kalenderjahres gewährten 5-Tage-Woche kann die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 45 Stunden um 2 Stunden, sofern sie im Durchschnitt von 8 Wochen nicht überschritten wird, oder um 4 Stunden, sofern sie im Durchschnitt von 4 Wochen nicht überschritten wird, verlängert werden.

Verkürzung

In Wochen, in denen ein oder mehrere den Sonntagen gleichgestellte gesetzliche Feiertage auf einen Werktag fallen, an dem der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin üblicherweise zu arbeiten hat, wird die wöchentliche Höchstarbeitszeit anteilsmäßig verkürzt. 

Überzeitarbeit

Eine Überzeitarbeit liegt vor, wenn die wöchentliche Höchstarbeitszeit überschritten wird. Dies darf nur ausnahmsweise erfolgen und soweit als andere Maßnahmen nicht zumutbar sind. Es muss sich um außerordentliche Situationen handeln, die unvorhergesehen eintreten oder die mit den vorhandenen Ressourcen kurzfristig nicht anders bewältigt werden können. Überzeitarbeit ist von der Überstundenarbeit (nach Art. 321c OR) zu unterscheiden (siehe dazu weiter unten).

Überzeitarbeit ist mit einem Lohnzuschlag von 25 % zu entschädigen. Ein Freizeitausgleich 1 : 1 ist nur dann möglich, wenn der betroffene Arbeitnehmer dies wünscht oder damit einverstanden ist.

Hinzuweisen ist, dass die Überzeitarbeit für den einzelnen Arbeitnehmer zwei Stunden im Tag nicht überschreiten darf, Außer an arbeitsfreien Werktagen oder in Notfällen, und darf im Kalenderjahr nicht mehr betragen als:

  • 170 Stunden; bei wöchentlicher Höchstarbeitszeit von 45 Stunden;
  • 140 Stunden; bei wöchentlicher Höchstarbeitszeit von 50 Stunden.

Überzeitarbeit ist auch nur als Tages- und Abendarbeit und nur an Werktagen zulässig.

Liegen eigentliche Sonderfälle bzw. Notfälle vor (z.B. Gefährdung von Leib und Leben, Feuersbrunst, Hochwasser, Rettung der Produktion usw.), darf ausnahmsweise auch in der Nacht und an Sonntagen sowie in Überschreitung der täglichen Arbeitsdauer Überzeit geleistet werden, soweit diese Situationen unabhängig vom Willen der Betroffenen eintreten und deren Folgen nicht auf andere zumutbare Weise beseitigt werden können. Auf keinen Fall darf damit eine Produktions- und Kapazitätserweiterung angestrebt werden. 

Tägliche Ruhezeit

Allen Arbeitnehmern ist eine tägliche Ruhezeit von mindestens elf aufeinanderfolgenden Stunden zu gewähren. Die Ruhezeit kann für erwachsene Arbeitnehmer einmal in der Woche bis auf acht Stunden herabgesetzt werden, sofern die Dauer von elf Stunden im Durchschnitt von zwei Wochen eingehalten wird. In diesem Falle darf beim auf die verkürzte Ruhezeit folgenden Arbeitseinsatz keine Überzeitarbeit angeordnet werden.

Wöchentlicher Ruhetag und wöchentlicher freier Halbtag

Über das Wochenende ist eine zusammenhängende Ruhezeit von 35 Stunden (11 Stunden tägliche Ruhezeit + 24 Stunden Sonntag) zu gewähren, welche die Zeit von Samstag 23 Uhr bis Sonntag 23 Uhr einschließen muss. Wird die wöchentliche Arbeitszeit auf mehr als fünf Tage verteilt, so ist den Arbeitnehmenden jede Woche ein freier Halbtag von 8 Stunden vor oder nach der täglichen Ruhezeit zu gewähren.

Der Arbeitgeber darf im Einverständnis mit den Arbeitnehmenden die wöchentlichen freien Halbtage für höchstens 4 Wochen zusammenlegen. Der wöchentliche freie Halbtag bei Tages- und Abendarbeit gilt als gewährt, wenn der ganze Vormittag von 6 bis 14 Uhr arbeitsfrei bleibt oder der ganze Nachmittag von 12 bis 20 Uhr arbeitsfrei bleibt oder bei zweischichtiger Arbeit der Schichtwechsel zwischen 12 und 14 Uhr erfolgt oder bei Arbeitszeitsystemen mit Nachtarbeit - z.B. bei drei – oder mehrschichtiger Arbeit - die alternierende 5-Tage-Woche oder im Zeitraum von 4 Wochen 2 Kompensationstage zugestanden wird.

Schichtarbeit und Schichtwechsel

Von Schichtarbeit spricht man dann, wenn zwei oder mehrere Gruppen von Arbeitnehmenden nach einem bestimmtem Zeitplan gestaffelt arbeiten und der Einsatz wechselweise am gleichen Arbeitsplatz erfolgt.

Zweischichtige Tagesarbeit ist nicht bewilligungspflichtig, sofern sich diese innerhalb von 17 Stunden am Tag und am Abend abwickelt. Die einzelne Schichtdauer darf, Pausen inbegriffen, 11 Stunden nicht überschreiten. Überzeitarbeit darf nur an sonst arbeitsfreien Werktagen geleistet werden. Für zweischichtige Tagesarbeit, die nicht innerhalb von 17 Stunden liegt, sind auch die Bestimmungen über die Nachtarbeit zu beachten. Das bedeutet, dass diese Systeme bewilligungspflichtig sind.

Bei drei- und mehrschichtigen Arbeitszeitsystemen ist folgendes zu beachten:

  • Die einzelne Schichtdauer darf 10 Stunden, inkl. Pausen, nicht überschreiten.
  • Der Schichtwechsel hat von der Früh- zur Spät- und von dieser zur Nachtschicht zu erfolgen. Ausnahmen sind zulässig, wenn die Mehrheit der betroffenen Arbeitnehmenden schriftlich darum ersucht.
  • Die Leistung von Überzeitarbeit ist nur an sonst arbeitsfreien Werktagen zulässig, und nur soweit als an diesen Tagen nicht gesetzlich vorgeschriebene Ruhe- oder Ausgleichsruhezeiten bezogen werden.

Auf den Schichtwechsel bei Tages- und Abendarbeit kann aus besonderen persönlichen Gründen des Arbeitnehmers oder wenn eine der beiden Schichten wesentlich kürzer ist (max. 5 Stunden) verzichtet werden.

Verbot der Nachtarbeit und Ausnahmen

Die Beschäftigung von Arbeitnehmer außerhalb der betrieblichen Tages- und Abendarbeit ist untersagt. Begründete Ausnahmen (dringendes Bedürfnis, Unentbehrlichkeit) können allerdings bewilligt werden. Vorbehalten bleiben Betriebe, auf die im Rahmen der Verordnung 2 Sonderbestimmungen anwendbar sind.

Zu beachten ist, dass bei (bewilligter) Nachtarbeit die tägliche Arbeitszeit für den einzelnen Arbeitnehmenden max. 9 Stunden in einem Zeitraum von 10 Stunden betragen darf. Den Arbeitnehmenden, die nur vorübergehend (weniger als 25 Nächte pro Kalenderjahr) Nachtarbeit verrichten, hat der Arbeitgeber einen Lohnzuschlag von mindestens 25 Prozent zu bezahlen. Arbeitnehmende, die dauernd oder regelmäßig wiederkehrend Nachtarbeit leisten, haben überdies Anspruch auf eine Kompensation von 10 Prozent der Zeit, während der sie Nachtarbeit geleistet haben. Die Ausgleichsruhezeit ist innerhalb eines Jahres zu gewähren.


Für Arbeitnehmende, die regelmäßig abends oder morgens höchstens eine Randstunde in der Nachtzeit arbeiten (z.B. im zweischichtigen Betrieb), kann der Ausgleich auch als Lohnzuschlag von 10 % gewährt werden.

Hinzuweisen ist auch noch darauf, dass Arbeitnehmende, die über längere Zeit (25 Nächte und mehr pro Jahr) Nachtarbeit verrichten, Anspruch auf ärztliche Untersuchung des Gesundheitszustandes und Beratung haben und zwar bis zum 45 Altersjahr alle zwei Jahre, danach alljährlich. Für bestimmte Gruppen von Arbeitnehmenden ist die medizinische Untersuchung sogar obligatorisch (z.B. bei Dauernachtarbeit, bei 12-Stunden-Schichten oder bei allein arbeitenden Personen). Die entsprechenden Kosten trägt der Arbeitgeber soweit keine Versicherung dafür aufkommt.

Verbot der Sonntagsarbeit und Ausnahmen

In der Zeit zwischen Samstag 23 Uhr und Sonntag 23 Uhr ist die Beschäftigung von Arbeitnehmenden verboten. Begründete Ausnahmen (dringendes Bedürfnis, Unentbehrlichkeit) können allerdings – wie bei der Nachtarbeit – auch hier bewilligt werden. Vorbehalten bleiben Betriebe, auf die im Rahmen der Verordnung 2 Sonderbestimmungen anwendbar sind.

Bei vorübergehender Sonntagsarbeit ist ein Lohnzuschlag von 50 % zu entrichten und Sonntagsarbeit von einer Dauer bis zu fünf Stunden ist innerhalb von 4 Wochen durch Freizeit auszugleichen. Dauert sie länger als fünf Stunden, so ist während der vorhergehenden oder folgenden Woche – im Anschluss an die tägliche Ruhezeit – ein auf einen Arbeitstag fallender Ersatzruhetag von mindestens 24 Stunden zu gewähren. Das ergibt eine zusammenhängende Ruhezeit von 35 Stunden. Der Ersatzruhetag muss den Zeitraum von 6 bis 20 Uhr umfassen. Muss am Sonntag gearbeitet werden, darf der Arbeitnehmer nicht mehr als an 6 aufeinanderfolgenden Tagen beschäftigt werden.  

Arbeitnehmer mit Familienpflichten

Hinzuweisen ist noch auf eine Regelung im Arbeitsgesetz, wonach bei der Festsetzung der Arbeits- und Ruhezeit auf Arbeitnehmende mit Familienpflichten besonders Rücksicht zu nehmen ist. Als Familienpflichten gelten die Erziehung von Kindern bis 15 Jahre sowie die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger oder nahestehender Personen. Diese Arbeitnehmenden dürfen nur mit ihrem Einverständnis zu Überzeitarbeit herangezogen werden. Auf ihr Verlangen ist ihnen eine Mittagspause von wenigstens 1 ½ Stunden zu gewähren.

Überstunden

Bei einer Überschreitung der vertraglich festgelegten Normalarbeitszeit bis zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit (je nach Branche 45 bis 50 Stunden) spricht man von Überstunden. Als Arbeitnehmer ist man verpflichtet, Überstunden zu leisten, wenn diese notwendig sind, der Arbeitnehmer  dadurch physisch und psychisch nicht überfordert wird, diese zumutbar sind und die Arbeits- und Ruhzeiten eingehalten werden.

Die Überstunden müssen mit einem Zuschlag von 25 Prozent entlohnt werden. Es ist aber möglich, den Zuschlag schriftlich auszuschließen. Anstelle einer Auszahlung kann Überstundenarbeit auch durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer ausgeglichen werden. Dies setzt jedoch die Zustimmung des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers voraus. Bei Kadermitarbeitenden (leitende Angestellte) ist die Arbeitszeit meistens nicht exakt nach Stunden definiert. Man geht davon aus, dass die Leistung eines höheren Pensums durch den höheren Lohn abgegolten wird, wobei dies vertraglich zu regeln ist. Es kann auch schriftlich vereinbart werden, dass die Überstunden ohne Zuschlag entschädigt werden, oder mit einem niedrigeren Prozentsatz als die gesetzlich vorgesehenen 25%.

 

Lic. iur. Michael PerezAutor: Lic. iur. Michael Pérez

Michael Pérez ist Rechtsanwalt und Partner bei PRP Rechtsanwälte. Er hat seine juristische Ausbildung in der Schweiz abgeschlossen und war anschließend für einige Jahre in der Schweiz als Rechtsanwalt tätig. Seine Anwaltszulassung in Österreich erhielt er im Jahre 2006 und betreut seither von Wien aus speziell Mandanten mit bilateralen Verbindungen in die Schweiz und nach Österreich nach dem „One-Stop-Shop“-Prinzip. Der Fokus ist hier vor allem auf Rechtsfragen rund um Betriebsansiedlungen sowie grenzüberschreitende Vertriebs- und Handelstätigkeiten angelegt. 
 

*Im Sinne einer besseren Lesbarkeit des Texts wurde entweder die männliche oder weibliche Form von personenbezogenen Hauptwörtern gewählt. Dies impliziert keinesfalls eine Benachteiligung des jeweils anderen Geschlechts. Frauen und Männer mögen sich vom Inhalt dieses Blogs-Beitrags gleichermaßen angesprochen fühlen. Danke für Ihr Verständnis!

FOTOS: Perez, Shutterstock

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